Eine Lesung mit Finn-Ole Heinrich

Am Mittwoch, dem 11. März, fand im Foyer der Schule eine Lesung des Autors Finn-Ole Heinrich zu seinem Roman „Räuberhände“ mit anschließender Diskussionsrunde statt. Dieser Roman gehört nicht mehr nur in Heinrichs Hamburger Heimat zum Lektürekanon der Abiturienten, sondern wird mittlerweile deutschlandweit und auch in den Oberstufenkursen unseres Gymnasiums gelesen.

Eine Frage, die sich Schülern bei der Bearbeitung einer Lektüre oftmals stellt, ist die nach der Notwendigkeit, Bücher Seite für Seite zu analysieren und dabei zu entzaubern. Mit einem Augenzwinkern wurde daher von einem der anwesenden Schüler in den Raum geworfen, dass man sich doch nach dem Lesen der Bibel auch nicht mit dem Spaten nach Jerusalem aufmachen würde, um die Jesusgeschichte besser zu verstehen. Doch diese Frage ist ein weites Feld...

Zunächst aber zurück zu den Räuberhänden. Im Mittelpunkt des Romans stehen die beiden Freunde Janik und Samuel, die unterschiedlicher kaum seien könnten. Janik kommt aus wohlbehütetem Hause. Samuel hingegen lebt mit seiner arbeitslosen Mutter in ärmlichen Verhältnissen. Der Vater ist unbekannt. Obwohl die Freundschaft der beiden Jungen auf eine Zerreißprobe gestellt wird, machen sie sich nach dem Abitur gemeinsam auf den Weg, Samuels Vater zu finden. Diese Reise wird mehr und mehr eine Suche nach sich selbst, nach dem eigenen Weg, nach Kompromissen zwischen Abnabelung und Bindung.

Die zentralen Themen des Romans, Freundschaft, Liebe, Identität und Heimat, bewegen uns Jugendliche heute mehr denn je. Kein Wunder also, dass an dem Abend lebhaft diskutiert wurde. Auf die Frage, welcher der beiden Hauptfiguren er sich näher fühle, antwortete Finn-Ole Heinrich, dass in beiden ein Stück von ihm stecke. Ihre Suche spiegle auch seine eigene in Studienzeiten wieder, wobei man dennoch Autor und Erzähler/Protagonisten nicht verwechseln dürfe. Ob ihm im realen Leben Menschen wie Janik und Samuel begegnet seien bzw. woher er den Stoff für seinen Roman genommen habe, war eine weitere Frage an diesem Abend. Heinrich bejahte, dass einzelnen Szenen, einzelnen Charakteren eigenes Erleben zugrunde liege. Er fügte aber hinzu, dass sie ihm lediglich als Inspiration dienten und die Möglichkeit gaben, seine Perspektive als Autor zu erweitern, sich in andere einzufühlen und ihre Geschichte weiterzudenken.

Zurück zur Frage nach der Notwendigkeit, Lektüren im Schulunterricht zu „zerpflücken“. An dieser Stelle lehnte sich Heinrich entspannt zurück und antwortete mit Blick auf seinen Roman: „Ich finde, es gibt da bei der Interpretation kein Richtig oder Falsch, auch wenn mir jeder Literaturkritiker widersprechen wird.“ Damit entschärft er das Bild vom Spaten in Jerusalem und ermuntert letztlich zum Dialog. Die Suche nach eigenen Antworten kann und sollte dann also unser Ziel sein und nicht der Wunsch, vermeintlich Richtiges, in Lektürehilfen Abgedrucktes nachzubeten.

Unser Dank gilt an dieser Stelle Finn-Ole Heinrich für seinen Besuch am Europa-Gymnasium, Frau Anne Poirier für die Organisation dieses Abends und allen Teilnehmern, die trotz Corona zusammengekommen waren.

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